3D Grafik mit 2 Menschen und einem Akustischem Signal ©Unfallkasse NRW | DGUV
3D Grafik mit 2 Menschen und einem Akustischem Signal©Unfallkasse NRW | DGUV

Raumakustik

Mündlicher Unterricht gelingt nur, wenn Kinder und Jugendliche aufmerksam zuhören können. Deshalb sollte das gesprochene Wort im Raum klar und mühelos zu verstehen sein.

Lärm und Halligkeit werden von Schülerinnen und Schülern wie auch von Lehrkräften als sehr unangenehm empfunden. Die Schülerinnen und Schüler leiden unter der schlechten Sprachverständlichkeit und können dem Unterricht nur schwer folgen. Das führt zu einer schnellen Ermüdung und Beeinträchtigung ihrer Leistungen. Die Lehrkräfte empfinden die schlechte Akustik und die damit verbundenen hohen Geräuschpegel als Stressbelastung. Zudem müssen sie ihre Stimmen deutlich stärker belasten, möglicherweise mit der Folge von gesundheitlichen Problemen.

Für eine gute Sprachverständlichkeit ist es vor allem erforderlich, dass das Klassenzimmer eine ausreichende Menge an Schallabsorptionsflächen aufweist, sodass sich eine möglichst geringe Nachhallzeit ergibt. Unterrichtsräume weisen in der Regel eine Fläche von 60 m² bis 70 m² und eine Raumhöhe von 3 m auf.

Entsprechend den Vorgaben der DIN 18041, „Hörsamkeit in Räumen“, sollen Klassenräume, die ein solches Raumvolumen aufweisen (Größe bis ca. 250 m³), Nachhallzeiten von 0,5 bis 0,6 Sekunden aufweisen. Nehmen Schülerinnen und Schüler mit eingeschränktem Hörvermögen an der Sprachkommunikation teil oder findet Kommunikation in einer Sprache statt, die nicht als Muttersprache gelernt wurde, sollen niedrigere Nachhallzeiten bis zu 0,4 s eingehalten werden. Dies betrifft somit nicht nur Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund, sondern alle Schüler, die eine Fremdsprache lernen. Letztlich wirken sich gute akustische Raumeigenschaften auf alle positiv aus.

Deckenlicht und Deckenplatten im Unterrichtsraum©Unfallkasse NRW

Raumakustik Informationen

Die genannten Zielvorgaben lassen sich in der Regel schon allein durch eine schallabsorbierende Deckengestaltung realisieren. Bei Verwendung eines hochabsorbierenden Materials sollte dieses eventuell nur an den Rändern der Decke angebracht werden, um die für die Sprachverständlichkeit bedeutenden hochfrequenten Schallanteile (Konsonanten) bis in den hinteren Teil der Klasse zu übertragen.

Bei der Auswahl der Materialien ist auch auf eine ausgewogene Schallabsorption in allen relevanten Frequenzbereichen zu achten.

Neben der Halligkeit eines Raumes ist auch der Grundgeräuschpegel für die Sprachverständlichkeit von Bedeutung. Das Grundgeräusch wird zum Beispiel durch von außen eindringende Geräusche, durch Flüstern oder Stühlerücken erzeugt. Um Sprache gut verstehen zu können, benötigt man im Allgemeinen einen Sprachpegel, der mindestens um 10 bis 15 dB(A) über dem Grundgeräuschpegel liegt. Erwachsene können störende Hintergrundgeräusche relativ gut ausblenden und unvollständige akustische Informationen im Geiste ergänzen. Kinder sind dazu jedoch weniger in der Lage und werden deshalb durch Störgeräusche viel stärker beeinträchtigt.

Lombard-Effekt

bildhafte Darstellung der Geräuschbelastung©Unfallkasse NRW

Die Halligkeit in einem Klassenraum führt dazu, dass die Lehrkraft lauter spricht, um die Lernenden akustisch besser zu erreichen. Aber auch die Schülerinnen und Schüler verhalten sich in halligen Räumen lauter. Insbesondere bei Gruppenarbeit wird lauter gesprochen, um sich verständlich zu machen. Die daraus resultierende Unruhe und der höhere Grundgeräuschpegel führen wiederum dazu, dass noch lauter gesprochen wird und sich der Schalldruckpegel immer weiter in die Höhe schraubt. Das hier beschriebene Aufschaukeln der Geräuschbelastung wird als Lombard-Effekt bezeichnet.

Die als extrem unangenehm empfundene Geräuschbelastungssituation lässt sich durch geeignete akustische Maßnahmen wesentlich entschärfen. Durch die Einbringung von Schallabsorptionsmaterial in den Raum erreicht man eine geringere Halligkeit und eine bessere Sprachverständlichkeit. Dadurch kann wieder leiser gesprochen werden und die Geräuschbelastung schaukelt sich nicht weiter auf. Je nach Ausgangssituation lassen sich durch geeignete raumakustische Maßnahmen erhebliche Pegelminderungen erreichen.


Gelochte Deckenplatten©B. Fardel | Unfallkasse NRW

Welche Bedeutung die Raumakustik in Klassenzimmern und in Lernräumen des schulischen Ganztages für das Wohlbefinden und die Gesundheit des Lehrpersonals hat, wird vielfach unterschätzt. Für die Schülerinnen und Schüler macht sich die Geräuschbelastung vor allem in ihren Lernleistungen bemerkbar. Insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit eingeschränktem Hörvermögen oder einer anderen Muttersprache ist die gute akustische Gestaltung des Klassenzimmers Voraussetzung für einen effektiven Unterricht.

Dabei lassen sich die raumakustischen Verhältnisse in Klassenzimmern mit verhältnis­mäßig geringem Aufwand günstig gestalten. In der Regel reicht schon eine schallabsorbierende Deckenfläche mit einem gutem schallabsorbierenden Material.

Geeignet sind zum Beispiel ca. 20 mm dicke Akustikplatten aus Mineralfasermaterial, wenn sie in mindestens 10 cm Abstand zur Decke montiert werden.

Screenshot von einem Raumakustikrechner©Unfallkasse NRW

Wenn die raumakustische Maßnahme in Eigenleistung (Selbsthilfe-Aktion) realisiert werden soll, bieten sich auch schwer entflammbare Schaumstoffmaterialien für die Deckengestaltung an, weil sich diese leicht zuschneiden und direkt an die Decke ankleben lassen.

Zur raumakustischen Auslegung von Klassenräumen bietet das Institut für Arbeitsschutz (IFA) einen Raumakustikrechner an, der eine Berechnung der Nachhallzeit und den Vergleich mit den Vorgaben der DIN 18041 ermöglicht. Diese Ergebnisse können dann als erste Grundlage für eine Beurteilung und die erste Planung herangezogen werden. Es wird jedoch empfohlen, eine Fachplanerin bzw. einen Fachplaner einzubeziehen. Die Maßnahmen sollten darüber hinaus mit dem zuständigen Sachkostenträger, z. B. bezüglich der Einhaltung der brandschutztechnischen Bestimmungen oder baubiologischen Vorgaben, abgestimmt werden.

Bei der Auswahl der schallabsorbierenden Materialien sollte auch berücksichtigt werden, dass in den allermeisten Fällen eine nachträgliche Renovierung durch Anstriche nicht möglich ist, da sich die Eigenschaften hierdurch möglicherweise verschlechtern könnten.

Unterrichtsraum mit Tischen und bunten Stühlen©Unfallkasse NRW

Ebenso ist darauf zu achten, dass die Materialien an der Decke sicher und dauerhaft befestigt und nur zugelassene Befestigungsmittel oder Kleber verwendet werden.

Ergänzend zur schallabsorbierenden Decke kann eine schallabsorbierende Belegung des oberen Teiles der Raumrückwand (von der Lehrkraft abgewandte Seite) sinnvoll sein. Das gilt insbesondere für größere Räume, in denen der über die Decke und die Rückwand reflektierte Schall in den vorderen Reihen mit einer größeren Verzögerung gegenüber dem direkten Schall eintrifft (mehr als 17 m Ausbreitungsweg). Durch die Überlagerung des direkten Schalls und des zeitlich verzögerten Reflexionsschalls kann sich dabei die Verständlichkeit für Sprache deutlich verschlechtern (verschliffene Information). Die Wand hinter der Lehrkraft sollte dagegen reflektierend sein, um die den Direktschall unterstützenden frühen Reflexionen zu gewährleisten.

Unterrichtsraum mit Tischen und bunten Stühlen©Unfallkasse NRW

Maßnahmen zur Reduzierung des Grundgeräuschpegels können z. B. notwendig sein, falls die Schule an einer stark befahrenen Straße liegt. Dann ist vor allem auf eine ausreichende Schalldämmung der Fenster zu achten.

Natürlich sollten auch die in dem Klassenzimmer eingesetzten Geräte, wie z. B. Projektionsgeräte, so ausgewählt werden, dass sie möglichst leise sind.

Ebenfalls sollte bei der Auswahl der Möbel darauf geachtet werden, dass die Geräuschbelastungen durch sie möglichst gering gehalten werden, z. B. durch die Auswahl entsprechender Stuhl- und Tischgleiter.


Weiterführende Informationen:

Veröffentlichungen:

  • Huber, L., Kahlert, J., Klatte, M.: Die akustisch gestaltete Schule.
    Auf der Suche nach dem guten Ton. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2002
  • Lärmminderung in Schulen. Umwelt und Geologie, Lärmschutz in Hessen, Heft 4, Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Wiesbaden 2007
  • Maue, J. H.: 0 Dezibel + 0 Dezibel = 3 Dezibel – Einführung in
    die Grundbegriffe und die quantitative Erfassung des Lärms.
    9. erweiterte Auflage, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2009
  • Oberdörster, M., Tiesler, G.: Akustische Ergonomie der Schule. Schriftreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Fb 1071, Dortmund/Berlin/Dresden 2006
  • Rickes, O., Gemes, A., Helfmann, H.: Reduzierung der Lärmbelastung in Schulen durch Verbesserung der Raumakustik. Unfallkasse Hessen und Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, April 2006